Gersters goldene Wasserhähne

Florian Gerster, Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, will die Chefetage seiner Behörde für rund 1,8 Millionen Euro sanieren lassen. Parteifreunde aus der SPD überzogen den obersten Arbeitsvermittler mit Kritik, die CDU forderte gar seine sofortige Entlassung. Nürnberg - Gerster (SPD) bestätigte Berichte, denen zufolge für Umbaumaßnahmen im Vorstandsbereich der Bundesanstalt in Nürnberg rund 1,8 Millionen Euro in den Haushalt eingestellt wurden. Gerster sagte der "Bild"-Zeitung, der Umbau habe "möglicherweise die Dimension" der in Presseberichten genannten Summe. Allerdings würden die Kosten für die Vorstandsbüros "vielleicht ein Fünftel oder Sechstel dieses Betrages" ausmachen. Der größte Teil sei für einen neuen Presseraum sowie einen weiteren Sitzungsraum und Mitarbeiterraum vorgesehen. Mit der teuren Baumaßnahme handelte sich Gerster parteiübergreifende Kritik ein. "Gerade in dieser politischen Situation hätte ich mir mehr Sensibilität gewünscht", sagte der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses im Bundestag, Rainer Wend (SPD), der "Bild am Sonntag". Der Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels, Hermann-Josef Arentz (CDU), verlangte sogar den Rücktritt des BA-Chefs. "Gerster ist reif. Er muss sofort entlassen werden", sagte Arentz dem Blatt. "Diese Selbstbedienungsmentalität ist unanständig." Der Sprecher der Bundesanstalt, Eberhard Mann, wies die Kritik als unberechtigt zurück. "Die Umbaumaßnahmen sind unumgänglich und waren korrekt in den Etat eingestellt." Zum einen müssten Gerster und die beiden anderen Vorstandsmitglieder neue Räume beziehen, zum anderen müssten dringend Konferenzräume modernisiert werden. "Das Gebäude ist so alt, dass das irgendwann passieren muss", sagte Mann. Auch Gerster selbst äußerte sich zu den Vorwürfen: "Es ist einfach nicht richtig, dass wir einen so idiotischen Aufwand betreiben, um den Vorstand in luxuriöse Büros einzuquartieren, sondern wir bauen die erste Etage in einem Flügel insgesamt um."

Der schwäbische SPD-Bundestagsabgeordnete Christian Lange forderte Gerster in einem Brief auf, von den Plänen Abstand zu nehmen. "Für die Vorstandsmitglieder Umbauarbeiten in Höhe von 1,8 Millionen Euro allein für Büroräume lassen vermuten, dass hier Wasserhähne vergoldet werden. In die politische Landschaft passen sie jedenfalls nicht", zitiert die "Bild am Sonntag" aus dem Brief Langes an seinen Parteifreund Gerster.

Das Geld gehöre in die Beseitigung der Arbeitslosigkeit, nicht in deren repräsentative Verwaltung, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Jörg van Essen. Jeder, der den Haushalt mit beschlossen habe, sollte sich fragen, ob er noch am richtigen Platz sei. "Florian Gerster muss sich fragen lassen, ob er den fast fünf Millionen Arbeitslosen noch mit gutem Gewissen in die Augen schauen kann." SPIEGEL ONLINE - 27. April 2003, 17:34