Die groß angekündigte Programmreform der milliardenschweren Allgemeinen Deutschen Rundfunkanstalten liegt - bisher - in einer viertel Stunde. Die "Tagesthemen", darauf haben sich die ARD-Intendanten bereits geeinigt, werden künftig 15 Minuten früher und damit nicht mehr wie bisher um 22.30 Uhr beginnen. Es geht dabei, wie sollte es anders sein, um Zuschauer, und zwar auch die des Zweiten Deutschen Fernsehens. Das ZDF seinerseits kontert mit seiner Allzweckwaffe Johannes B. Kerner, der am 20. Februar in einer Talkshow versuchen soll, der ARD-Moderatorin Sabine Christiansen das Bildschirmpublikum abzujagen. Rund 7 Milliarden Euro an Gebühreneinnahmen werden in diesem Jahr den Sendern der ARD und dem ZDF zufließen. Jeder einzelne Fernsehbesitzer muß sich an diesem Aufkommen beteiligen, ob er die Programme der öffentlich-rechtlichen Sender überhaupt einschaltet oder nicht.
Diese Tatsache ist für sich genommen schon ein Ärgernis. Noch verdrießlicher ist allerdings, daß sich ARD und ZDF in einen für den Zuschauer zur Gänze unerquicklichen Konkurrenzkampf hineinmanövriert haben, in dem es einzig und allein um die Gunst der Gebührenzahler geht. Hochbezahlte Köpfe werden verpflichtet und sollen in ARD und ZDF zeitgleich unterhalten. Sendeplätze werden, wie eben der jener "Tagesthemen", hin- und hergeschoben, um dem anderen das Wasser abzugraben - völlig in Verkennung des Umstandes, daß der Gebührenzahler doch für beide Sender zahlt.
Den Gipfel findet der unproduktive Wettstreit der Sender in dem Ansinnen der ARD, auf Kosten der Gebührenzahler einen hochbezahlten Lobbyisten in Berlin zu installieren, der die Interessen der ARD den Politikern nahebringt und dort - so jedenfalls muß bei der derzeitigen Finanzierungsstruktur der Anstalten das Endziel sein - für weitere Gebührenerhöhungen Stimmung macht. Und die werden ARD und ZDF, wenn sie ihren Kampf ums Publikum fortsetzen, auch dringend brauchen.
Der Konkurrenzkampf wäre zu begrüßen, wenn er transparente Regeln hätte. So wie es derzeit ist, weiß jedoch kaum einer genau, wofür ARD und ZDF denn wirklich streiten und was die zahlenden Zuschauer dieser Streit noch kosten wird. Denn es kann keine Gewinner und Verlierer geben.
Zumindest einen Vorteil aber hat das zänkische Gebaren: Es legt die Schwachstellen des aufgeblähten Systems öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten offen und befördert die Debatte über genau jene Finanzierung, von der die Sender bisher so prächtig leben.
Die kostspieligen Auswüchse des Streites zeigen, daß Besitzer von Fernsehern selbst entscheiden sollten, was ihnen gefällt, und zur Finanzierung einer überdimensionierten öffentlichen Grundversorgung nicht gezwungen werden dürfen. Wenn sie nicht zahlen müßten, würden sie ARD- und ZDF-Programme womöglich gar nicht sehen.

Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 06.02.2005, Nr. 5 / Seite 36